Richter klagt auf mehr Arbeit

Der Präsident des 4. Senats des Bundessozialgerichts verklagt das Gericht. Seit einem Wechsel der Zuständigkeiten fühlt sich Wolfgang Meyer kaltgestellt.

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(hessenschau, 16.06.2008)

 

Die Datenbank der Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel weist für das laufende Jahr lediglich einen Eintrag für den 4. Senat aus. Im Jahr 2007 war dieser Senat, dessen Vorsitzender Richter Wolfgang Meyer ist, für 25 Grundsatzentscheidungen zuständig. Die betrafen Fragen des Rentenrechts für Angestellte – und nicht wenige davon endeten mit Zweifeln an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Gesetzen. Weshalb Meyer und seine je zwei haupt- und ehrenamtlichen Richterkollegen im 4. Senat diese Fälle dann jeweils dem Bundesverfassungsrecht zur Prüfung vorlegten. Und mehrmals war ihr Verdacht begründet, die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen waren verfassungswidrig.

 

Einziges Erklärungsmuster das passe, sei, dass ein unliebsamer Senat aus der Rentenversicherung herausgeworfen werden soll, sagte Meyer der hessenschau. Denn seit seinem Senat die Zuständigkeit für die Rententhemen entzogen wurde, hat er praktisch nichts mehr zu tun. Meyer, dienstältester Richter am BSG, fühlt sich seit Januar wie in den einstweiligen Ruhestand versetzt, glaubt, er wurde kaltgestellt. Nun klagt er gegen den Zuschnitt der Ressorts vor dem Verwaltungsgericht Kassel. Denn bis zur Änderung der Ressortverteilung hätten er und sein Senat bis zu 100 Fälle im Jahr bearbeitet - in diesem Jahr aber keinen einzigen neuen.

 

Tausende Euro für "arbeitslose" Richter

Richter Meyer will erreichen, dass der Geschäftsverteilungsplan des Bundessozialgerichts geändert wird. Dieser wird jährlich aufgestellt und verteilt die verschiedenen Rechtsgebiete auf die insgesamt 16 Senate des Gerichtes. Außerdem hat Meyer auch Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt, weil er sich in seiner richterlichen Unabhängigkeit verletzt sieht. Ganz nebenbei weist er darauf hin, dass die Beinahe-Arbeitslosigkeit seines Senates auch nicht ganz billig ist. Schließlich erhalten er und seine Senatskollegen ihre Gehälter weiter.

 

Das Bundessozialgericht bestätigte lediglich das Klageverfahren, wollte sich aber sonst nicht äußern. Wann die beiden von Meyer angestrengten Verfahren entschieden werden, ist unklar. Klar ist aber, dass noch im Sommer die Zuständigkeiten am Bundessozialgericht neu verteilt werden. Und im Zuge dessen könnten auch Meyer und seine Kollegen wieder mehr Arbeit bekommen.

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