§ Psychisch krank Leistungspflicht zur Krankenhausbehandlung
BSG
Das BSG hat über eine Vorlage des 1. Senats zur
Leistungspflicht der Krankenkasse bei stationärer Krankenhausbehandlung
entschieden.
Das Verfahren des 1. Senats betrifft einen Versicherten, der wegen einer psychischen Krankheit unter
Betreuung steht und eine Heimunterbringung benötigt. Wegen eines akuten
Krankheitsschubs wurde der Patient seit 1996 stationär in einem psychiatrischen
Krankenhaus behandelt. Ab Juli 1998 war nach Auffassung des medizinischen
Dienstes der Krankenversicherung sein Zustand so weit stabilisiert, dass eine
Behandlung mit den Mitteln eines Krankenhauses nicht mehr erforderlich war,
sondern die weitere ärztliche Behandlung ambulant erfolgen konnte. Da das
Krankenhaus anderer Auffassung war und eine Fortführung der stationären
Behandlung für notwendig hielt, verblieb der Patient in der Klinik. Die
Krankenkasse des Versicherten weigert sich, die ab Juli 1998 durch die
Unterbringung im Krankenhaus entstandenen Kosten zu tragen. An ih! rer Stelle hat der
Sozialhilfeträger diese Kosten übernommen und verlangt nunmehr mit der Klage
deren Erstattung.
Der 1. Senat will die Leistungspflicht der
Krankenkasse verneinen, weil nach dem gerichtlichen Beweisergebnis eine
Krankenhausbehandlung in der streitigen Zeit nicht (mehr) erforderlich gewesen
sei. Er sieht sich daran aber durch Rechtsprechung des 3. Senats gehindert.
Dieser hat in der Vergangenheit einen Vergütungsanspruch des Krankenhauses
gegen die Krankenkasse auch dann bejaht, wenn der Patient an sich ambulant
versorgt werden konnte, dazu aber, wie der Versicherte im vorliegenden Fall,
eine spezielle Unterbringung und Betreuung in einer geschützten Umgebung
benötigte und die Krankenkasse ihm eine geeignete Einrichtung nicht konkret
benannt hatte. Außerdem billigt der 3. Senat dem Krankenhausarzt - nach
Auffassung des 1. Senats zu Unrecht - bei der Beurteilung der
(medizinischen) Erforderlichkeit der Krankenhausbehandl! ung einen bei
gerichtlicher Überprüfung nicht oder nur eingeschränkt zugänglichen
Entscheidungsspielraum zu.
Der 1. Senat hatte deshalb dem Großen Senat folgende
Rechtsfragen vorgelegt:
1. Setzt der Anspruch erkrankter Versicherter auf
vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus voraus, dass allein
aus medizinischen Gründen Krankenhausbehandlung erforderlich ist, weil das
Behandlungsziel durch andere Maßnahmen der Krankenbehandlung nicht erreicht
werden kann?
2. Hat das Gericht die Voraussetzungen gemäß Frage 1
voll zu überprüfen?
Der Große Senat hat die Vorlagefragen wie folgt
beantwortet:
1. Ob einem Versicherten vollstationäre
Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich nach medizinischen
Erfordernissen. Reicht nach den Krankheitsbefunden eine ambulante Therapie aus,
so hat die Krankenkasse die Kosten eines Krankenhausaufenthalts auch dann nicht
zu tragen, wenn der Versicherte aus anderen, nicht mit der Behandlung
zusammenhängenden Gründen eine spezielle Unterbringung oder Betreuung benötigt
und wegen des Fehlens einer geeigneten Einrichtung vorübergehend im Krankenhaus
verbleiben muss.
2. Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus
medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall
uneingeschränkt zu überprüfen. Es hat dabei von dem im Behandlungszeitpunkt
verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes
auszugehen. Eine "Einschätzungsprärogative"
kommt dem Krankenhausarzt nicht zu.
BSG, 25.09.2007, Az: GS
1/06
.