Psychiatrie im Dritten Reich

 

Das Dritte Reich war die schönste Zeit der Psychiatrie. Niemals zuvor und niemals danach hatten Psychiater so viel Macht wie unter den Nazis. Ohne Hemmung diffamierten sie ihre Klientel.

Es waren nicht irgendwelche durch die NSDAP gepuschte Nazi-Ärzte, sondern angesehene Anstaltsleiter und Ordinarien samt ihren Schülern.

 

Die Psychiatrie hatte wissenschaftlich wenig Anerkennung gefunden. Im Gegensatz zu anderen medizinischen Fächern heilte sie nicht und erschöpfte sich im Diagnostizieren.

 

Der Psychiater heilte nicht mehr individuell Kranke, sondern den „Volkskörper“. Er war zum Gesundheitspolizisten geworden und niemals zuvor in der Geschichte war ihm solche Machtfülle zugewachsen. Ganze Bevölkerungsgruppen mußten seine Diagnose fürchten.

 

Die Allmacht, jedermann jederzeit erfassen und selektieren zu können (durch den Psychiater), bot sich zum erstenmal, und zwar total.

 

»Die Unterscheidung zwischen normal und abnorm

kann nur der Psychiater treffen«

Ende Juli 1941, zu diesem Zeitpunkt sind fast 70 000 Menschen getötet, schließt Hans Heinze seine wichtigste wissenschaftliche Arbeit ab. Der umfangreiche Beitrag heißt: »Psychopathische Persönlichkeiten« und erscheint 1942 im »Handbuch der Erbkrankheiten«, herausgegeben von SS-Brigadeführer Arthur Gütt.

 

Die Psychiatrie hat sich (nicht erst) in der Nazi-Zeit als eine Disziplin offenbart, die ihre Patienten verteufelt und gnadenlos verfolgt.

Keiner wurde als Medizintäter verstoßen. Auch Hans Heinze nicht. In Heinzes Reichsschulstation „starben“ mehr als 1200 Kinder...

 

Die Psychiatrie ist keine angesehene Wissenschaft. Die Hoffnung, die Neuroleptika würden der Psychiatrie endlich zur anerkannten ärztlichen Disziplin verhelfen, erwiesen sich als Illusion.“

 

Bei dem hunderttausendfachen Verrat der Ärzte am Eid des Hippokrates nahm die Psychiatrie eine Sonderrolle ein. Von ihr kamen die meisten Antriebe zum Massenmord. Andere Organisationen hatten wenigstens ihre Widerstandslegenden, hinter denen sie das eigene Versagen verstecken konnten. Nicht die Psychiatrie - sie ist der einzige Berufsstand, der kollektiv seine Klientel umgebracht hat. Es gebe nicht einen einzigen, der Widerstand geleistet hat. Und so präparierten ehrgeizige Jungakademiker Gehirne, frisch aus den Tötungslagern, und konservierten ganze Kinderköpfe.

 

„Das Bild dieses Kindergesichts – er (KLEE) hat es in den Händen gehabt, das Glas , mit dem in Formalin schwappenden Kinder-Kopf -, es hat ihn lange beim Einschlafen verfolgt“

 

Gemordet wurde aus wissenschaftlichen Gründen, um den Konkurrenten mit einem gewinnversprechenden Medikament zuvorzukommen oder um sich zu habilitieren – zahlreiche der Menschenexperimente wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert, in Buchenwald, in Natzweiler, wo auschließlich für die medizinischen Experimente eine Gaskammer eingerichtet wurde..

Ernst Klee 1997

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Literatur:

 

Irrsinn Ost - Irrsinn West

Psychiatrie in Deutschland

Ernst Klee

S. Fischer 1993   250 S.

 

Auschwitz - die NS-Medizin

Und ihre Opfer

Ernst Klee

S. Fischer  1997   500 S.

 

Endstation Spiegelgrund

Mathias Dahl

(Pädiater und Kollege, Göttingen)

Die Tötung behinderter Kinder

während des Nationalsozialismus

am Beispiel einer Kinderfachabteilung

in Wien 1940 bis 1945

Erasmus Wien 1998

(das Erschütterndste)

 

 

Dr.Schwinger