Mobilisationstest bei Umweltmetallvergiftungen

 

Während man früher die in den Organen gespeicherten Schwermetalle nur bei der Sektion messen konnte (Spann, 1989), besteht durch die Gabe eines Schwermetallantidots und die anschließende Messung der Urinkonzentration eine in der Praxis jederzeit handhabbare Methode, diese zu verifizieren (Daunderer, 1988). Spontanwerte in Blut und Urin geben nur Auskunft darüber, wie viel in letzter Zeit an Giften aufgenommen wurde. So wird Quecksilber aus Amalgamfüllungen nach einer Halbwertzeit von 50 Tagen im Hirn gespeichert und führt zu migräneartigen Kopfschmerzen, Blei wird nach einer Halbwertzeit von 30 Tagen im Knochen gespeichert, wodurch es zur Anämie kommt.

 

Bei Organschäden kann nach langjähriger Giftaufnahme von Umweltgiften der spontane Messwert in Blut oder Urin keine Beweise für das Vorliegen einer schweren Vergiftung liefern.

 

Schon früher wurde daher für die Erkennung einer Eisenspeicherkrankheit mit dem Desferaltest eine Mobilisation des Speichereisens durchgeführt.

 

Beispiele:

  1. 30jähriger Patient, seit 6 Jahren schwere Migräne, Bauchkoliken, Nervosität. Hg im Spontanurin 11,2 µg/l (Grenzwert 4 µg/l) nach 250 mg DMPS (Dimaval®) i.v. Hg 2.565 µg/l.
  2. 45jähriger Patient, seit 3 Jahren extremes Zittern mit Unfähigkeit zu essen. Cu im Spontanurin 61 µg/l (Grenzwert 50 µg/l) nach 250 mg DMPS (Dimaval®) i.v. Cu 8.426 µg/l.
  3. Patient mit Arsenwarzen. As im Spontanurin 5 µg/l. Nach 250 mg (Dimaval®) i.v. As 140 µg/l.

 

In der Arztpraxis hat sich in etwa 1.000 Fällen folgendes Vorgehen bewährt:

 

Dimavaltest:

·        Asservieren eines Spontanurins (50 ml)

·        Sofort darauf Injektion von 4 mg/kg KG (250 mg bei 70 kg) DMPS (Dimaval®) i.v.

·        Nach 30 Minuten Asservieren des zweiten Urins

 

DMPS

 

(Dimaval®, seit 1957 in den UdSSR Unithiol®) ist eine schwach toxische Substanz (ein 300stel der Toxizität von Sulfactin) und zeigt bisher fast keine Nebenwirkungen. Der Wirkungseintritt nach i.v.-Injektion erfolgt nach 17 Minuten. Oral liegt die Resorption bei etwa 30%, der Wirkungseintritt ist nach 30 - 45 Minuten.

 

Bisher sind nur wenige Fälle einer leichten allergischen Hautreaktion aufgetreten.

 

Grenzwerte

 

Gift

µg/l

 

im Urin nach DMPS i.v.

 

 

Arsen

25

Blei

50

Kupfer

300

Mangan

10

Quecksilber

50

 

Diese Grenzwerte gelten nur für die Bestimmung nach der ersten Mobilisation, nicht, falls nach Expositionsstop und vorausgegangener Mobilisation erneut das Antidot gegeben wurde.

 

Ein Schwermetalldepot liegt auch vor, wenn der gemessene Wert nach Mobilisation höher als der zehnfache Wert vor Mobilisation liegt. In diesem Fall sollte die Mobilisation zur Giftreduktion in monatlichen bis vierteljährlichen Abständen wiederholt werden, je nach gifttypischen Beschwerden.

 

Bei einer chronischen Vergiftung muss das Antidot regelmäßig bis zur Normalisierung der Urinwerte gegeben werden.

 

Andere Antidote

 

Dimercaprol (Sulfactin®): erhöht Konzentration von Arsen und Quecksilber im Gehirn (hier kontraindiziert)

D-Penicillamin (Metalcaptase®, Trolovol®): Vorsicht bei Penicillin-Allergie, Möglichkeit von Granulo- oder Thrombozytopenie, schwere Niereninsuffizienz

Na-Ca-Edetat (Calciumedetat®): Fälle von Nephrose mit Anurie beobachtet

Ca-Trinatriumpentat (Ditripentat®): Fieber, Exanthem, Thrombozytopenie, Nerven- und Nierenschäden beobachtet

Desferoxamin (Desferal®): Blutdruckabfall

 

Substitution

 

Zur Förderung der Giftelimination und Kompensation der Elimination durch das Antidot sollte Zink substituiert werden (Zink-Aspartat).

 

Quelle: (Von Dr. med. habil. M. Daunderer)

 FORUM des Praktischen und Allgemein-Arztes 28 (1989) Nr. 6