Milzbrandinsel

Ein befreundeter Wissenschaftler hat mir erzählt, dass eine britische Insel total gesperrt und auch auf Karten nicht eingetragen sei, da man dort Versuche mit einem humanpathogenen Virus gemacht habe. Auch stürben alle Schafe sofort, die man auf dieser Insel aussetze. Stimmt's? gabrieue chümello, basel

 

Wahrscheinlich spielt Ihr Freund auf Gruinard Island an - eine zwei Quadratkilometer große Insel vor der schottischen Küste. Dort wurden tatsächlich Versuche mit Milzbrandbakterien (Anthrax) gemacht, und zwar im Jahr 1942. Die Tests waren durchaus »erfolgreich«: Die 80 Schafe, die man dem Erreger aussetzte, starben innerhalb weniger Tage. Zum Glück kam der biologische Kampfstoff im Zweiten Weltkrieg nicht mehr zum Einsatz. Nach dem Krieg musste die britische Regierung dann feststellen, dass die Sporen der Milzbrandbakterien hartnäckiger waren, als man gedacht hatte; sie setzten sich im Boden fest. Die Insel blieb über 40 Jahre lang gesperrt (von der Landkarte wurde sie nicht getilgt), erst 1986 wurde sie de­kontaminiert. Teile des Bodens wurden abgetra­gen, und man versprühte 280 Tonnen Formalde­hyd, gelöst in Seewasser. Testschafe, die man auf der Insel grasen ließ, zeigten keine Symptome, und 1990 erklärte der damalige Verteidigungsminister Michael Neubert Gruinard Island wieder für be­wohnbar. Ob man seinen Urlaub auf der ehema­ligen Milzbrandinsel verbringen will, kann jeder für sich entscheiden. CHRISTOPH DRÖSSER Die Zeit Nr. 35/2007.