1968 Lewin sagt Jedes Gift macht
krank
Durch die
"Weltgeschichte der "Gifte" und das Lehrbuch
"Toxikologie" entdeckte ich Louis Lewin (1850-1929). Dieser hatte in Berlin
als prominenten Patienten den Direktor der Max-Planck-Gesellschaft, den
Chemieordinarius Stock. Er hatte sich im Labor eine schwerste chronische
Quecksilbervergiftung mit Zittern und hochgradiger Verblödung zugezogen. Lewin
erklärte ihm, wenn er gesund werden will, muss
er sein Amalgam entfernen lassen und darf kein
Gold bekommen. Er gab ihm Gegengifte. Stock wurde gesund, geistig frisch und
sehr alt. Von 1919 bis 1945 schrieb er zahllose Artikel über das
"Verbrechen an der Menschheit mit Amalgam".
Lewin hatte jung mit seinen
Lehrern gebrochen, arbeitete sehr viel,
schrieb drei Lehrbücher und jährlich 5 Veröffentlichungen. Als klinischer
Toxikologe durfte er in der Universität nicht lesen, er mietete sich einen
eigenen Hörsaal, den er mit seinen Veröffentlichungen finanzierte. Seine
Familie meinte, er hätte keine Hörsaalgenehmigungen erhalten, weil er gläubiger
Jude war.
Lewin ist der Urvater
der Umweltmedizin und des Drogenentzugs, mit den Worten: "Wer da sagt,
dass ihm Gift nichts anhaben kann, der irrt sich". Seine Aktivitäten
konzentrierten sich auf den Arbeitsschutz des Chemiearbeiters. Aussprüche wie
obiger garantierten dem höchstqualifizierten Wissenschaftler schon vor 100
Jahren, noch ehe die chemische Industrie in Deutschland das große Sagen hatte,
dass er keine Lehrbefugnis an der Universität bekam. Solche Gedanken und Denker
sollten nicht Schule machen.
Auch im Drogenbereich
räumte er mit der Mär von ungefährlicher Substitution auf, die nach 100 Jahren mit Methadon gerade wieder ihre Blüte
erlebt: er korrigierte den kokainsüchtigen Freud, man könne die Kokainsucht mit
Morphin heilen, und betonte die beiden unterschiedlichen Abhängigkeitstypen.
In allen Bereichen
eckte er naturgemäß mit den chemiefanatischen Oberschichten an, die in keinem
Falle die Wahrheit hören wollten. Im Gegenteil wurde damals von Ärzten
Zigarettenrauchen als Medizin bei allen möglichen Störungen Kindern
verschrieben- trotz der unerhörten Warnungen von Lewin.
Vom Schicksal Lewins
konnte ich lernen:
- klinische
Toxikologiekenntnisse werden von niemand gerne gesehen
- Aufstiegschancen für
klinische Toxikologen gibt es keinesfalls
- ein klinischer Toxikologe
ist von jedermann verhasst
- außer betroffenen
Patienten und gelegentlich Gerichten schätzt niemand die Meinung eines
klinischen Toxikologen.
Lewin war mein Vorbild
als klinischer Toxikologe.
(Auszug aus meiner neuen Biografie)