Haarausfall durch Chemikalien

Akute oder subakute toxische Alopezien werden meist durch die Schwermetalle Thallium,
Kadmium und Quecksilber ausgelöst. In Abhängigkeit von der aufgenommenen Dosis und der
Einwirkdauer entwickelt sich entweder eine Alopezie vom Frühtyp oder eine Alopezie vom
Spättyp. Eine Übersicht von Chemikalien und Substanzen, die eine diffuse Alopezie
auslösen können, ist folgend dargestellt:

 

Einige Alopezie auslösende Substanzen (nach Ippen, 1970)

 

 

Arsen
Borate
DDT Hexachlorcyclohexan
Kadmium
Linolsäure
Ölsäure
Quecksilber-Derivate
Selen
Thallium

 

Thallium

 

Thallium wird heute nur noch selten als Nagergift und gegen andere Schädlinge wie
Ameisen und Schaben verwendet. Bei Versuchen zur Chemotherapie der Syphilis fiel auf, daß
Thallium regelmäßig Haarausfall erzeugt. Daher ist es fast drei Jahrzehnte als
Epilationsmittel verwendet worden. Heute wird Thallium in der Medizin nicht mehr
verwendet. Jedoch kommen vereinzelt noch Vergiftungsfälle durch Kontamination von
Nahrungsmitteln oder durch bewußte Einnahme von Thallium in Selbstmordabsicht. Der
Haarverlust erfolgt bei akuten Vergiftungen etwa ab dem 13. Tag, jedoch nie früher. Der
Haarausfall ist bei Thalliuminvergiftungen ein höchst wichtiges Kriterium, da er bei
kleineren Dosen als alleiniges Symptom auftreten kann. Typischerweise beginnt er bei den
lateralen Augenbrauen. Bei unklaren Fällen diffuser Alopezie sollte nach Ausschluß der
naheliegenden Ursachen an eine Thalliumvergiftung gedacht werden, vor allem wenn die
Alopezie von neurologischen Symptomen begleitet wird.

 

Kadmium / Cadmium

 

Kadmium wird zur Legierung von Metallen verwendet und ist in einigen Farbstoffen und
Trockenbatterien enthalten. Zu bedrohlichen Intoxikationen kann die Inhalation von Kadmiumoxid-Rauch führen, der beim Schmelzen von Kadmium oder beim Schweißen und
Schneidbrennen von kadmiumhaitigen Legierungen entsteht. Dabei stellt das diffuse Effluvium lediglich eines von vielen Intoxikationssymptomen dar.

 

Quecksilber/Amalgam

 

Quecksilber kann ebenfalls zu diffusen Effluvien führen. Auch heute können noch
vereinzelt Quecksilbervergiftungen durch Exposition im beruflichen und im häuslichen Umfeld, gelegentlich auch durch die Anwendung obsoleter Medizinalprodukte (Quecksilber in Merfen, Glyceromerfen, Bleichsalben) vorkommen. Die aus dem Quecksilberamalgam der Zahnfüllungen
freigesetzten Quecksilbermengen reichen bei Allergikern aus, um Haarausfall herbeizuführen.
Somit können Amalgamzahnfüllungen nicht für ein diffuses Effluvium verantwortlich gemacht werden. Daher ist die routinemäßige Durchführung von Quecksilberbestimmungen in
Blut, Urin sowie im Haar bei der ätiopathogenetischen Abklärung des diffusen Haarausfalls beziehungsweise die prophylaktische Entfernung von Amalgamfüllungen bei
Vorhandensein eines chronisch diffusen Effluviums medizinisch nicht begründet.

 

Arsen

 

Arsen wurde in früheren Jahren zur Therapie der Psoriasis und der Syphilis verwendet.
Zusätzlich war es über viele Jahre Bestandteil von Pflanzenschutzmitteln. In Deutschland wurde die Verwendung von Arsen in Pflanzenschutzmitteln verboten, jedoch wird es in südlichen Ländern noch immer verwendet. Arsen wird unter anderem durch die Haut rasch
aufgenommen. Es wird vor allem im Keratin der Haut eingelagert und zum Teil mit den Schuppen und Haaren abgestoßen. Vergiftungsepisoden lassen sich in Haar- und
Fingernagelanalysen gut nachweisen. Chronische Arsenvergiftungen zeichnen sich daher unter anderem durch Hyperkeratosen der Haut und Haarausfall aus. Als Umweltgift spielt Arsen heute in Deutschland keine Rolle mehr.

 

Quelle: Dt. Ärzteblatt 1999; 96: A-1571-1575 [Heft 23]

Vergessen wurden hier:

- alle Zytostatika (Krebsbehandlung)

- Strahlenbehandlung        

- Radioaktive Substanzen (s.Mord mit Polonium)

- Wohngifte (Formaldehyd, Pentachlorphenol, PCB)