Glutamat nicht nur Geschmackssache  

 

Es gibt nur wenige Zusatzstoffe, die sich so bedeckt halten wie der Geschmacksverstärker Glutamat. Erscheint er mit seinem Kürzel „E 621” auf dem Etikett, dann hat das zwar einen Beigeschmack von Heimlichtuerei, ist aber zumindest eindeutig. Bei der Kennzeichnung als „Aroma”, „Würze”, „Milchzucker” oder „fermentierter Weizen” gibt er sich kaum noch zu erkennen. Selbst die Hersteller von Bio-Lebensmitteln wissen das saubere Image ihrer Produkte zu wahren, indem sie Glutamat in Form von „Hefeextrakt” zusetzen. In der Gastronomie, wo der Geschmacksverstärker in fast beliebiger Dosis zum Einsatz kommt, wird er dank der Güte des Gesetzgebers ganz verschwiegen. Selbst Köche scheuen sich, den Namen ihres Retters aus der Geschmacksnot zu erwähnen. Verschämt sprechen sie von „Maria Hilf!”.

Weil’s der Verbraucher klaglos schluckt, eilt Glutamat seit Jahren von Rekord zu Rekord. Die industrielle Produktion des weißen Wunderpulvers, die 1909 in Japan begann, belief sich bereits 1969 weltweit auf 200 000 Tonnen. Heute sind es sogar 1,5 Millionen – nicht eingerechnet die enormen Mengen, die bei der Herstellung von Hydrolysaten aus Eiweiß und Hefe anfallen. Angesichts dieser Entwicklung drängt sich die Frage nach der Sicherheit des Hans-Dampf-in-allen-Töpfen auf. Von offizieller Seite gab es von Anfang an nur Entwarnungen: Im Jahre 1959 wurde der Zusatzstoff von der US-amerikanischen Lebensmittelbehörde FDA als GRAS (generally recognized as safe) eingestuft, also als unbedenklich. An dieser Einschätzung hat sich seither nichts geändert. So wie die Weltgesundheitsorganisation verzichtete auch die Europäische Union darauf, eine täglich duldbare Menge (ADI) für Glutamat festzulegen.

 

Persilschein durch Konsens

Hierzulande versuchten die „Hohenheimer Konsensusgespräche”, die Vorbehalte gegenüber dem Zusatzstoff zu zerstreuen. Organisiert wurde die gemütliche Expertenrunde von Professor Hans Konrad Biesalski, der das Institut für Biologische Chemie und Ernährungswissenschaften an der Uni Hohenheim leitet. Die Kosten übernahm laut Tageszeitung der Verband der europäischen Glutamathersteller. Verwundert es, dass der „Konsens” unter diesen Umständen nicht lange auf sich warten ließ? Die eingeladenen Wissenschaftler bestätigten denn auch, dass Glutamat selbst „in hohen Dosen keine spezifischen Nebenwirkungen aufweist”. Daher könne seine Verwendung mit den Maßstäben einer „gesunden Ernährung” als vereinbar bezeichnet werden. Angesichts von so viel Sachverstand schloss sich die DGE dem Urteil an, umso mehr als sich durch die geschmacksverstärkende Wirkung von Natriumglutamat womöglich ein Quäntchen Natriumchlorid einsparen ließe.

Nun ist es das gute Recht von Industrieverbänden, jene Experten um Rat zu bitten, die sie schätzen. Doch wie seriös sind Wissenschaftler, die offene Fachfragen bei einem „Konsensusgespräch” klären – also durch Austausch von Artigkeiten oder über Mehrheitsentscheidungen und nicht durch professionelle Forschung? Und vor allem: Kann der dabei erstellte Persilschein tatsächlich noch denen nutzen, denen er in Ergebenheit gewidmet ist? Wohl kaum. Denn bei einem Thema wie dem Glutamat, das in der Fachpresse seit Jahrzehnten extrem kontrovers diskutiert wird, lassen sich die Bedenken nun mal nicht so einfach durch ein Kaffeekränzchen vom Tisch wischen.

 

Vom Transmitter zum Toxin

Dass es auch anders geht, haben die US-amerikanischen Hersteller von Babynahrung bewiesen. Als 1969 erstmals an neugeborenen Mäusen gezeigt wurde, dass Glutamat Wachstumsstörungen und Hirnschäden verursachen kann, reagierte die Branche sofort: Sie verzichtete freiwillig auf den Zusatzstoff, auch wenn sie jede mögliche Gefährdung abstritt. Diese Maßnahme gab den Verbrauchern Sicherheit und ersparte den Herstellern fruchtlose Diskussionen mit der Öffentlichkeit.

Während es sich damals nur um ein erstes Ergebnis mit Labormäusen handelte, weiß heute jeder Neurologe, dass eine Überdosis Glutamat das zentrale Nervensystem schädigen kann. Nicht umsonst gilt der Neurotransmitter in Fachkreisen auch als „Exzitotoxin”, d. h. als „Nervenzellgift”. Bei vielen neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer wird ihm sogar eine Schlüsselrolle zugesprochen.

 

Erregender Preisdrücker

In hoher Menge genossen kann Glutamat beim Menschen sowohl die Blut-Hirnals auch die Plazenta-Schranke überschreiten. Die Folgen sind sprichwörtlich: Als „China-Restaurant-Syndrom” haben sie viele Verbraucher am eigenen Leib erfahren. Angesichts der exorbitanten Zugabemengen in der asiatischen Gastronomie, die oft genug die lebensmittelrechtlich zulässige Höchstmenge um ein Vielfaches überschreiten, kommt ein solcher Effekt alles andere als überraschend. Aber da vielen Experten Verbrauchererfahrungen suspekt sind, halten sie sich lieber an Fachgremien, Konsensusgespräche und Sponsoren.

Das Versteckspiel bei der Kennzeichnung verwundert unter diesen Umständen nicht. Bestätigt es doch, dass Glutamat auch aus Sicht der Hersteller nichts Gutes verheißt. Kein Wunder, denn wer durch Zusatz dieser spottbilligen Aminosäure teure tierische Rohstoffe einspart, setzt sich nun mal dem begründeten Vorwurf aus, nicht der Qualität, sondern vorzugsweise den Preisdrückern des Lebensmittelhandels verpflichtet zu sein.

 

(aus: EULE)

 

Glutamat ( in Fertiggerichten: E 620 bis E 625)

Im menschlichen Körper übernimmt das Glutamat wichtige Funktionen bei der Übermittlung, Speicherung und Verarbeitung von Informationen im Gehirn. John Olney hat eigenen Angaben zufolge in mehreren Untersuchungen an Versuchstieren einen nervenschädigenden Effekt nachweisen können.

Bei normaler und sogar bei glutaminsäurereicher Ernährung ist bei gesunden Menschen jedoch kein gesundheitsgefährdender Einfluss zu erwarten, beruhigen nationale Expertengremien wie das Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung.

Wer den Geschmacksverstärker so weit wie möglich vermeiden will, sollte besser die Finger von Fertiggerichten lassen. Auskunft geben die so genannten E-Nummern: Für die Verwendung in Lebensmitteln sind sechs Glutaminsäureverbindungen zugelassen. Sie werden mit den E-Nummern E 620 bis E 625 gekennzeichnet.

Fertiggerichte Besipiele: Brühwürfel/granulat, Nudelmahlzeiten, Schinken, Wurst, Knabbersachen wie Kartoffelchips oder Erdnussflips. Asiatische Gerichte.


Asia Küche: Zutaten wie Sojasoße weisen besonders hohe Glutamat-Dosen auf

Macht asiatisch essen dumm?

Kaum zu glauben. Glutamat gibt Geschmack - und schadet dem Gehirn, behauptet ein amerikanischer Wissenschaftler


Der verbreitete Geschacksverstärker Glutamat macht dumm, indem er Gehirnzellen abtötet. Das behauptet zumindest der Psychiater und Neuropathologe John Olney von der Washington University in St. Louis (USA).