Gesundheitsminister Laien

Seit der Chirurg Julius Hackethal an Krebs gestorben ist, war der Thron des ersten ärztlichen Kritikers verwaist. Jetzt schwingt sich Bernd Schottdorf, Labormediziner in Augsburg, auf: Der Doktor hat „in heiligem Zorn" aufgeschrieben, „wie Deutschlands Medizin ruiniert wird". Sein Buch „Das Gesundheitsspiel" (ABW Wissenschaftsverlag, Berlin; 134 Seiten; 9,95 Euro) ist eine Attacke wie zu Hackethals besten Zeiten: Nach Schottdorfs Diagnose werde die „Substanz unseres Gesundheitssystems" einem „unumkehrbaren Abbau preisgegeben". Die Schuldigen sind rasch ausgemacht: erstens die Gesundheitsminister seit 1961, von denen niemand jemals irgendetwas mit der Heilkunst zu schaffen gehabt habe. Dazu kommen ärztliche Standespolitiker in diversen Mauschelgremien, die ihre finanziellen Pfründen verteidigten. Um diese Koalition herum verdienten vor allem Pharmaindustrie und die Apotheker viele Milliarden an den Zwangsbeiträgen der Versicherten. Schottdorf, mittlerweile 67 und seit 40 Jahren dabei, schlägt rabiate Therapien vor, etwa die Aufhebung der Zunftstruktur der Apotheken. Medikamente gäbe es dann für einen Bruchteil der heutigen Festpreise. Ersparnis für Patienten und Kassen laut Schottdorf: gut 20 Milliarden Euro pro Jahr.

Der Spiegel 42/2007