Entgiftungsanalyse
funktionelle
Die Entgiftung
toxischer Substanzen erfolgt hauptsächlich in der Leber durch Phase I - und
Phase II-Reaktionen. Durch diese wird die Umwandlung lipophiler Xenobiotika in hydrophile,
leicht ausscheidbare Stoffe katalysiert. In den Phase I-Reaktionen werden allg.
lipophile Stoffe (toxisch / nicht toxisch) oxidativ, reduktiv oder hydrolytisch
verändert. Die dabei gebildeten - häufig toxischen - Metaboliten werden unter
Beteiligung spezifischer Transferasen in den Phase II-Reaktionen durch
Konjugation mit einer körpereigenen hydrophilen Ankersubstanz, wie Glutathion,
Acetat, Glucuronsäure, Schwefelsäure oder Glycin, metabolisiert und für die
renale Elimination vorbereitet. Xenobiotika mit polaren Gruppen durchlaufen
keine Phase I-Reaktion, sie werden direkt in der Phase II metabolisiert. Die
Regulation der Entgiftung (Enzyminduktion / Enzymhemmung) ist sowohl von der
Aufnahme exogener Substanzen (Nahrungsmittelbestandteile, Schadstoffe,
Arzneimittel), als auch von den Faktoren Alter, Geschlecht, Genetik
(Polymorphismen), Lebensgewohnheiten (Rauchen) und Gesundheitszustand abhängig.
Die größte Bedeutung für oxidative Reaktionen der Phase I besitzen die
mikrosomalen P-450-Cytochrom-Monooxygenasen. Diese sind in den Membranen des
endoplasmatischen REtikulums der Leberzelle lokalisiert und katalysieren
allgemein Reaktionen, bei denen organische Substrate unter Verbrauch eines
Sauerstoffatoms hydroxyliert (R-HO) werden. Dadurch wird die Ausscheidung über
den Urin oder die Galle ermöglicht. Beim Menschen kommen zahlreiche Isoenzyme
des P-450-Cytochromkomplexes mit definierten, teilweise überlappenden
Aktivitätsspektren vor. Diese werden abhängig von ihrer Substratspezifität in
einzelne Familien und Unterfamilien eingeteilt. Für die Metabolisierung von
Xenobiotika sind insbesondere die Familien I-IV mit ihren Unterfamilien (A,
B…..) von Bedeutung. Zu den bedeutendsten Phase II-Konjugationsenzymen gehören
Glutathion-S-Transferasen (GST); N-Acetyltransferasen (NAT) und
Sulfattransferasen.
1. Funktionstest
Coffeinmetaboliten
Die Bestimmung der
Hauptmetaboliten von Coffein im Urin, ermöglicht die funktionelle Analyse
wichtiger Biotransformationsenzyme des P450-Cytochromkomplexes (CYP1A2, CYP2A6),
der Phase 1-Oxidation durch Xanthinoxidase (XO) und der Phase II-Acetylierung
durch N-Acetyltransferase-2 (NAT-2).
Phase I
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Testergebnis |
Normbereich |
Einheit |
Median vom |
Testergebnis in % Bezug |
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CYP1A2 |
6,65 |
4,4 - 5,34 |
S.E.M |
4,87 |
136,55 |
Cytochrom-P4501A2
katalysiert vor allem die Phase I-Metabolisierung der aromatischen- und
heterocyclischen Amine, die als Nahrungsmittel-Pyrolyseprodukte gebildet werden,
im Tabakrauch enthalten sind und für die Synthese von Farbstoffen,
Arzneimitteln sowie Pestiziden verwendet werden. Zu den Arzneimitteln, die
durch CYP1A2 metabolisiert werden, gehören u.a. die Anilinderivate Phenacetin
und Paracetamol, sowie Coffein, Theophyllin und Clozapin. Ein weiteres Substrat
ist Aflatoxin B1, ein karzinogener Naturstoff, der durch CYP1A2 zum mutagenen
Epoxid transformiert wird. CYP1A2 gehört mit 12,7 ± 6,2% des gesamten P450
Anteils in der Leber zu den Hauptenzymen des Cytochrom-P-450-Enzymkomplexes. In
der Bevölkerung liegen nennenswerte Unterschiede in der Aktivität vor, die auf
eine Aktivierung aber auch Hemmung des Enzyms zurückzuführen sind.
Genetische
Polymorphismen sind beim CYP1A2 nicht bekannt, jedoch beeinflusst der CYP1A1-
und der GSTM1-Polymorphismus die CYP1A2-Aktivität. Personen, mit genetisch
bedingt fehlender bzw. verringerter CYP1A1 oder GSTM1-Aktivität, zeigten eine
gesteigerte CYP1A2-Aktivität.
Hohe
CPY1A2-Aktivität weist generell auf eine Enzyminduktion durch Umwelt- und
chemische Prokarcinogene einschließlich der Arylamine und der PAK’s
(polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) hin. PAK’s, die durch
unvollständige Verbrennung organischen Materials (Teere, Autoabgase, Ruß)
entstehen, sind verantwortlich dafür, dass Raucher ebenfalls erhöhte
CYP1A2-Enzymaktivitäten aufweisen. Erhöhte CPY1A2-Aktivitäten führen zu einer
übermäßigen Bildung reaktiver, zum Teil karzinogener Phase-1-Metaboliten und
zur vermehrten Bildung von ROS („Reactive Oxygen Species)“.
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Testergebnis |
Normbereich |
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Median vom |
Testergebnis in % Bezug |
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CYP2A6 |
0,12 |
0,14 - 0,18 |
S.E.M |
0,16 |
75,00 |
Cytochrom-P4502A6 katalysiert
vor allem die Phase-I-Metabolisierung der Dimethylnitrosamine, die in
Lebensmitteln, insbesondere in gepökelten Räucherwaren sowie im Tabakrauch
vorkommen. CYP2A6 ist auch an der Biotransformation von Valproinsäure
(Antiepileptika), Nicotin, Cotinin (Metabolit von Nicotin),
Hexamethylphosphoramid (Prokarcinogen), 2,6-Dichlorobenzonitril (Herbizid) und
Nitrophenol beteiligt. Cumarin, ein Pflanzenglycosid, ist ein spezifisches,
selektives Substrat für CYP2A6. Die Metabolisierung von Nicotin, Cotinin und
Valproinsäure wird durch Cumarin gehemmt, Schwankungen in der Aktivität von
CYP2A6 sind auch genetisch bedingt (Polymorphismus). Mit dem Alter nimmt die
Enzymaktivität ab.
Niedrige
CYP2A6-Aktivität kann durch genetischen Mangel oder durch gestörte mikrosomale
CYP2A6-Kapazität bedingt sein (Erkrankungen mit Leberzellschädigung). Eine
niedrige Aktivität kann auch bei geringer Schadstoffbelastung (fehlende
Induktion) oder bei sehr hoher Belastung durch massiven Verbrauch (Überladung
der Enzymkapazität) bedingt. sein.
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Testergebnis |
Normbereich |
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Median vom |
Testergebnis in % Bezug |
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XO |
0,63 |
0,59 - 0,69 |
S.E.M |
0,64 |
98,44 |
Xanthinoxidase, ein
Flavoenzym, gehört zu den löslichen cytoplasmatischen Enyzmen mit höchster
Enzymaktivität in der Leber und Intestinum. XO katalysiert die oxidative
Metabolisierung der endogenen Purine und Pyrimidine, sowie der Arzneigruppen
Captopurin und Azathioprin. Die Umsetzung von Xanthin führt zur Bildung von
Harnsäure unter Generierung toxischer Superoxidradikalanionen.
Genetische
Polymorphismen sind nicht bekannt, es zeigt sich jedoch ein weites
Aktivitätsspektrum.
Phase II
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Testergebnis |
Normbereich |
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Median vom |
Testergebnis in % Bezug |
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NAT 2 (langs. Metab.) |
0,28 |
0,25 - 0,37 |
S.E.M |
0,31 |
90,32 |
N-Acetyltransferasen
katalysieren den N-Acetyltransfer aus Acetyl-Coenzym A auf den Stickstoff von
primären Aminen, Arylaminen, Hydrazinen und Hydraziden, sowie den
O-Acetyltransfer auf den Sauerstoff von Hydroxylaminen. Im Menschen existieren
zwei Acetyltransferasen, die sich stark in ihrer Substratspezifität
unterscheiden. Die N-Acetyltransferase-2 wird polymorph exprimiert. Zu den
Substraten der NAT2 gehören mehr als 15 häufig verwendete Arzneimittel, wie
z.B. Isoniazid, Sulfamethazin, Sulfapyridin, Hydralazin, Procainamid, Dapson
und Coffein. Ebenso sind die toxikologisch wichtigen aromatischen Amine, wie
2-Naphthylamin, 4-Aminobiphenyl, Benzidin, 2-Aminofluoren,
4,4-Methylen-bis-(2-chloranilin) und 2-Hydroxylaminfluroren (O-Acetylierung)
Substrate der NAT2. NAT2 ist im Cytosol der Leber und der Dünndarmepithelien
lokalisiert. Die NAT2 zeigt drei verschiedene Polymorphismen M1, M2, M3 mit
unterschiedlichen Allelfrequenzen. Abhängig von der gentischen Determinierung
(homozygote Mutation / heterozygote Mutation / Wildtypallele) wird zwischen
„langsamen Acetylierern“, „mittleren Acetylierern“ und „schnellen Acetylierern“
unterschieden. Durch die Messung der Aktivität der NAT-2 können „langsame“ und
„schnelle Acetylierer“ differenziert werden.
„Langsame
Acetylierer“ weisen ein erhöhtes Risiko für das Auftreten toxischer
Nebenwirkungen bei der Metabolisierung von Arzneimitteln auf. Bei übermäßiger
Exposition mit krebserregenden Aminen erkranken langsame Acetylierer
statistisch häufiger an Harnblasentumoren.
Beurteilung:
Phase I |
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CYP1A2 |
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erhöhte
Enzyminduktion → Hinweis auf Enzyminduktion durch: |
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1.
Schadstoffe durch CYP1A2 metabolisiert: Arylamine, PAK's * |
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2. genetisch
bedingte fehlende CYP1A1- oder GSTM1-Aktivität |
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Analyse
des Genotyps (GST-M1, CYP1A2) ggf. in Erwägung ziehen |
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CYP2A6 |
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erniedrigte
Enzymaktivität → Hinweis auf: |
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1.
geringe Belastung durch metabolisierende Xenobiotika (fehlende Induktion): |
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z.B. Dimethylnitrosamine,
2,6-Dinitrobenzonitril, Nitrophenol, Valpoinsäure, Nicotin |
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2. sehr hohe
Belastung (Überladung der Enzymkapazität) |
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Phase
II |
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NAT2 |
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erniedrigte
Enzymaktivität → Hinweis auf langsame Metabolisierung durch: |
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1. genetische
Determinierung |
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2. sehr
hohe Belastung (Überladung der Enzymaktivität) |
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Analyse
des Genotyps ggf. in Erwägung ziehen |
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*PAK's = polycyclische
aromatische Kohlenwasserstoffe |
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