DMPS
Synonyma:
2,3-Bis(sulfanyl)propan-1-Sulfonsäure,
2,3-Dimercaptopropan-1-Sulfonsäure,
Natriumsalz
Chemische Formel:
C3H7NaO3S3
Vorkommen:
Dimaval ˆ Kapseln (Heyl)
DMPS-Heyl ˆ Injektionslösung (Heyl)
Mercuval ˆ Kapseln (G.N.Pharm)
Indikationen:
Chronische und akute Vergiftungen mit
Quecksilber (anorganische und organische Verbindungen,
Dampf, metallisches Quecksilber).
Chronische Vergiftungen mit Blei.
Es gibt Hinweise dafür, daß DMPS auch
geeignet ist zur Steigerung der Schwermetallelimination bei
Vergiftungen mit Arsen (ausgenommen
Vergiftungen mit Arsenwasserstoff), Kupfer, Antimon, Chrom,
Kobalt.
Tab. 1: Indikationen von Chelatbildnern
Metall 1. Wahl 2. Wahl
HgMetall DMPS DMSA
organisch DMPA DMPS
anorganisch DMPS DMSA
Blei DMSA DMPS
Arsen DMPS DMSA
Chrom DMPS
Antimon DMPS
Thallium Berliner Blau DMSA
Kontraindikationen:
Überempfindlichkeit gegen DMPS oder seine
Salze. Eingeschränkte Nierenfunktion (Kreatinin im Serum
8 2,5
mg/dl, bei Kleinkindern 8
1 mg/dl) – außer wenn durch das Gift bedingt.
Besondere Vorsicht ist geboten bei Patienten
mit allergischer asthmatischer Symptomatik.
Verwendung während Schwangerschaft und
Laktation:
DMPS zeigte keine teratogenen Effekte in den
tierexperimentellen Untersuchungen. Obwohl Erfahrungen
am Menschen bislang nicht vorliegen, müssen
Schwangere von der DMPS-Therapie nicht grundsätzlich
ausgeschlossen werden, wobei sorgfältig
abgewogen werden sollte zwischen dem Risiko der Vergiftung
und dem Risiko einermedikamentösen Behandlung.
Im Falle der Behandlung von Schwangeren mitDMPS
sind die Mineralstoffspiegel, insbesondere
Zink und Kupfer, zu kontrollieren, um eine Versorgung des
Kindesmit essentiellen Spurenelementen zu
sichern, denn es ist bekannt, daß ein durch einenChelatbildner
verursachter Zinkmangel seinerseits teratogen
wirken kann.
Bei Vorliegen von Schwermetallvergiftungen
sollte grundsätzlich nicht gestillt werden.
Nebenwirkungen:
Gelegentlich können Schüttelfrost, Fieber
oder Hautreaktionen, vermutlich allergischer Natur, wie Juckreiz,
Exantheme oder Flash, auftreten, die nach
Absetzen der Therapie in der Regel reversibel sind.
In Einzelfällen sind schwere allergische
Hauterscheinungen, z.B. Erythema exsudativum multiforme,
Stevens-Johnson-Syndrom, beschrieben worden.
Vor allem bei länger andauernder Anwendung kann
DMPS denMineralstoffhaushalt, insbesondere
die Elemente Zink und Kupfer, beeinflussen.
In Einzelfällen kann eine Erhöhung der
Transaminasen festzustellen sein.
Kardiovaskuläre Reaktionen können
insbesondere bei zu schneller Injektion von DMPS auftreten und
äußern sich in Blutdruckabfall, Übelkeit,
Schwindel, Schwäche, in der Regel kurze Zeit nach der Injektion.
In Einzelfällen kann ein Nierenversagen als
klinisches Symptom einer Quecksilbervergiftung ausgelöst
werden, da eineMobilisierung des
aufgenommenen Quecksilbers im Körper erfolgt.
Besondere Vorsichtshinweise für den Gebrauch:
Bei Injektionen von DMPS muß diese langsam,
d.h. über 3 bis 5Minuten, erfolgen.
Angebrochene Ampullen dürfen nicht aufbewahrt
und weiterverwendet werden, sondern müssen
verworfen werden.
Wechselwirkungen:
Die Einnahme von DMPS per os sollte nicht
gleichzeitig mitMineralstoffpräparaten erfolgen, da eine evtl.
DMPS-Mineralstoff-Chelatbildung bereits im
Darm zu einem Wirkungsverlust von DMPS führen kann.
Aus gleichem Grund sollte DMPS auch mind. 1
Stunde vor den Mahlzeiten eingenommen werden.
Die gleichzeitige Gabe von Kohle zu oralem
DMPS sollte vermieden werden.
DMPS-Injektionslösungen dürfen nicht anderen
Injektionslösungen zugemischt werden.
Dosierung und Art der Anwendung:
DMPS kann oral und parenteral appliziert
werden.
Die Dosierung richtet sich grundsätzlich nach
Art und Schwere der Vergiftung. Folgende Dosierungen
werden als Rahmenempfehlungen gegeben:
Akute Vergiftungen, parenteral:
1. Tag: 250 mg DMPS i.v. alle 3–4 Std.
(1,5–2,0 g/Tag)
2. Tag: 250 mg DMPS i.v. alle 4–6 Std.
(1,0–1,5 g/Tag)
3. Tag: 250 mg DMPS i.v./i.m. alle 6–8 Std.
(0,75–1,0 g/Tag)
4. Tag: 250 mg DMPS i.v/i.m. alle 8–12 Std.
(0,5–0,75 g/Tag)
Folgende Tage: Je nach klinischem Zustand 1
bis 3 x 250 mg parenteral oder Umstellung auf orale Applikation.
Bei oraler Gabe von DMPS bei akuten
Vergiftungen sollte die anfänglich tägliche Dosis von 1,2–2,4 g in
Einzeldosen gleichmäßig über den Tag verteilt
(z.B. 12 x 100–200 mg/24 h) gegeben werden.
Bei chronischen Vergiftungen werden in der
Regel 300–400 mg DMPS einmalig oral verabreicht. Bei
schweren chronischen Vergiftungen kann die
einmalige Dosis auch erhöht werden.
Injektionen von DMPS müssen langsam (über 3–5
Minuten) erfolgen!
Wirkungscharakter:
Auch Patientenmit Anurie nach Ingestion von
anorganischen Quecksilberverbindungen undQuecksilberkonzentrationen
im Blut von bis zu 12 mg/l (!) wurden mit
DMPS wieder hergestellt.
Einige Arbeiten beschreiben die Anwendung von
injiziertemDMPS bei chronischerQuecksilbervergiftung
(AL-DAMLUJI
1976, ASHBEL 1959, BAKIR
1974, BAKIR et al. 1976,MASLIUK
et al. 1967, ZHANG 1984).
DMPS
wurde für 3–7 Tage in Dosen von 125–400 mg/d
gegeben. Diese Behandlung wurde, mit wenigen DMPSfreien
Tagen dazwischen, meist mehrere Male
wiederholt (Intervalltherapie).
Bei chronischen Quecksilbervergiftungen, bei
denen Schädigungen des Nervensystems im Vordergrund
stehen, wurden Besserungen der
neurasthenischen Symptome wie Schlafstörungen, Nervosität, Kopfschmerzen,
Parästhesien, Arthralgien, erhöhter
Speichelfluß und Schwitzen unter der DMPS-Therapie
beschrieben (ASHBEL 1959,
BELONOZHKO et al. 1957, BÖCKERS et
al. 1983, 1985, CAMPBELL et al. 1986,
DAUNDERER 1989b,
DAUNDERER 1990c, DÖRFFER 1989,
HE et al. 1984, ZHANG 1984).
Bei Kindern wurden
die klinischen Symptome der
quecksilberbedingten Feer’schen Krankheit unter DMPS gebessert (BÖCKERS
1983, VON MÜHLENDAHL
1990, 1991a). Auch ohne Therapie mit einem Chelatbildner wurde
nach
Entfernen der Giftquelle eine langsame
Besserung in der klinischen Symptomatik bei Patienten mit milder
bismäßiger chronischerQuecksilberintoxikation
beobachtet (BAKIR et al. 1986,HE
et al. 1984).Allerdings
wurde auch eine Verschlechterung des
klinischen Zustands bei schweren Vergiftungen trotz Entfernung
des Patienten von der Vergiftungsquelle ohne
zusätzliche Therapie beschrieben (CAMPBELL et
al. 1986).
Auch waren die bei den Patienten mit DMPS-Behandlung
gebliebenen neurologischen Vergiftungssymptome
schwächer ausgeprägt als bei Patienten ohne
diese Therapie (HE et al. 1984). Im
Rahmen einer zweimonatigen
Beobachtung besserten sich die Symptome bei
den mit DMPS behandelten Patienten schneller
als bei den Patienten ohne DMPS-Behandlung (ZHANG
1984).
Tab. 2: Normalkonzentrationen ( ` g/l) verschiedener
Schwermetalle in Blut und Urin
Metall Normalwerte ( ` g/l) Grenzwert
Urin Blut Plasma Serum Urin ( ` g/l)
Arsen ‹ 8,5 25
Blei 1–30 30–360 » 15 50
Cadmium 0,1–3,8 0,5–4,5 0,2–1 3
Chrom 0,2–5,9 0,7–10 ‹ 0,3 0,3–2 3
Kobalt 1–7 2,4–3 ‹ 0,3 1–2
Kupfer 12,7–95 790–1300 800–1300 700–1400 500
Mangan 1–10 4–14 0,4–1,0 0,4–0,8 10
Molybdän » 0,1 0,8–3,3 0,3–1,2 0,4–0,8
Nickel 2,2–2,7 1,8–7 0,6–5,3 1–4,6
Quecksilber 1–19 0,5–3,3 1–4,2 50
Selen 8–120 55–316 » 0,1 40–158
Zink 360–800 12000–13000 800–1500 700–1240
2000
Zinn 15
Aufgrund dieser Beobachtungen und aufgrund
der Erfahrung, daß schwere neurologische Störungen einer
Therapie kaum mehr zugänglich sind (BAKIR
et al. 1976, BELONOZHKO et
al. 1957, HE et al. 1984), findet
sich in der Literatur die Empfehlung,
eineDMPS-Therapie möglichst früh nach Erkennung einerQuecksilbervergiftung
und vor dem Auftreten schwerer
zentralnervöser Schäden einzuleiten (BELONOZHKO et
al.
1957, CLARKSON et
al. 1981, HE et al 1984, OSTER
et al. 1985, ZHANG 1984).
Abschließend sei noch erwähnt, daß DMPS
inhalativ appliziert, auch zur Behandlung von Quecksilberdampfvergiftungen
erfolgreich gegeben wurde (ASHBEL
1959, FODERMANN 1977).
Diese Grenzwerte gelten nur für die
Bestimmung nach der ersten Mobilisation, nicht, falls nach Expositionsstop
und vorausgegangenerMobilisation erneut das
Antidot gegeben wurde.
Ein Schwermetalldepot liegt auch vor, wenn
der gemessene Wert nach Mobilisation höher als der vor
Mobilisation liegt. In diesem Fall sollte die
Mobilisation zur Giftreduktion in monatlichen bis vierteljährlichen
Abständen wiederholt werden, je nach
gifttypischen Beschwerden.
Bei einer chronischen Vergiftung muß das
Antidot regelmäßig bis zur Normalisierung der Urinwerte
gegeben werden.
Andere Antidote:
DMSA (Dimercaptobernsteinsäure).
Reinsubstanz oral 100 % Resorption, geringere Nierenentgiftung,
stärkere Entgiftung aus dem Nervensystem.
Dimercaprol (Sulfactin
i ):
erhöht Konzentration von Arsen und Quecksilber im Gehirn (hier
kontraindiziert).