Bürokratieauswüchse  in Deutschland

In einem winzigen Städtchen von etwas über 5000 Einwohnern habe ich ein historisches Ackerbürgeranwesen in der ebenfalls winzigen Innenstadt übernommen, wo ca. hundert Meter weiter Wiesen und Felder anfangen. Die Scheune und Stallanlagen für Geflügel- und Ziegenhaltung sind erhalten, wurden aber seit gut 30 Jahren nur noch als Lagerräume genutzt. Nun dachte ich, ich schaffe mir einfach mal ein halbes Dutzend Hühner an, damit ich immer frische Eier habe, und halte die im früheren Hühnerstall.

Vorsichtshalber fragte ich im örtlichen Ordnungsamt (seeehr entspannte Atmosphäre dort) nach, ob das klar geht. Kein Problem, sagte man mir, es gibt erst dann ein Problem, wenn sich jemand beschweren sollte. Allerdings müsse ich beim Bauordnungsamt in der Kreisstadt die Wiederinbetriebnahme der Stallanlagen genehmigen lassen. Ich schrieb ein Fax mit meinem Anliegen dorthin und wurde schon am nächsten Tag zurückgerufen. Ich müsse:

1. einen ordentlichen Bauantrag auf Nutzungsänderung der Gebäude stellen
2. einen Architekten als Objektplaner (!) beauftragen, die für den Antrag nötigen fachgerechten Aufmaßunterlagen anzufertigen (Skizze mit Maßangaben reicht ihnen nicht)
3. damit rechnen, dass die Emissionswerte aus Sicht des Umweltamtes ein Problem sein könnten
4. damit rechnen, dass die Nutzung zur Tierhaltung aus tierschutzrechtlichen Gründen heutzutage nicht mehr möglich ist
5. den Nachweis erbringen, daß im Umkreis von 200m Tierhaltung heute noch stattfindet.
5. nachweisen, dass die Gebäude erhaltenswert und nicht für andere Zwecke zu nutzen sind

Der ganze Vorgang würde also enschließlich Verwaltungsgebühren und Architektenhonorar eine zeit- und kostenintensive Angelegenheit werden, deren Aufwand am Ende für mich in keinem vertretbaren Verhältnis zum Nutzen (durchschnittlich 4-6 Hühnereier je Woche und vielleicht ein-zwei Mal im Jahr Hühnerfleisch) stehen kann. Um Kosten zu sparen und das Risiko zu minimieren, dass ich womöglich viel Geld ausgebe für eine Ablehnung des Antrags, könne ich auch erst einmal eine Bauvoranfrage stellen. Dann könne ich nämlich auf den Objektplaner verzichten und die Verwaltungsgebühren wären nicht so hoch. Es würden sich aber auch bei einer Voranfrage mehrere Ämter mit der Entscheidung befassen. Man muß sich das mal vorstellen: Wegen 6 Hühnern so ein Drama!

Ich werde jetzt ein kleines Ställchen aus Brettern und Styropor (Dämmung) bauen und einfach in den voll umbauten Hof stellen. Dann kriege ich meine Hühner auch, ohne vier- bis fünf Ämter zu beschäftigen und einen ganzen Aktenordner mit dem Vorgang zu füllen. Junge, Junge, ich schüttele nur noch mit dem Kopf. Wird Zeit, dass der Amtsschimmel aufs Feld kommt, damit er endlich weiß, was richtige und vor allem wichtige Arbeit ist!

http://hartgeld.com/infos-DE.htm