Therapie der
Amalgamvergiftung
Solange die
Schwermetall-Giftwirkung anhält, bringt eine medikamentöse Therapie mit Zink,
Selen oder homöopathischen Potenzen der Schwermetalle außer einem kurzen subjektiven
Effekt langfristig weder eine Besserung noch eine messtechnisch feststellbare
Erhöhung der Giftausscheidung aus dem Gehirn. Bei mit (Elektro-)Akupunktur
vordiagnostizierten Patienten stimmte die Diagnose unbehandelter Patienten fast
nie mit der toxikologischen Diagnostik überein.
Voraussetzung
Nach einem
positiven DMPS-Spritzentest bei Erwachsenen oder DMSA-Kapsel-Stuhltest bei
Kindern muss sich unbedingt die Amalgamsanierung anschließen.
Die in Weichteilen
gespeicherten giften Metalle werden dann mit DMSA-Kapseln mobilisiert, fehlende
Spurenelemente substituiert und zum Therapieabschluss noch ein DMPS-/DMSA-Test
durchgeführt. Während DMPS viel Quecksilber und Zinn aus den Nieren holt,
entgiftet DMSA insgesamt weniger, jedoch prozentual mehr aus dem Gehirn.
Bei weiter
bestehenden Beschwerden sollte nach einer Ausscheidung von organischem
Quecksilber im Urin geforscht werden, um sowohl ein Depot als auch eine
Stoffwechselanomalie auszuschließen, bei der nach i.v. DMPS-Gabe Quecksilber
nur über den Stuhl ausgeschieden wird. In diesen Fällen ist mit erheblichen
lokalen (Colitis) und Nervenschäden (Depression, Psychose) trotz niedriger
Urinausscheidung zu rechnen.
Während der
Therapiedauer sollte wegen der Allergieneigung kein bleibender Zahnersatz eingesetzt
werden und Zähne über Schwermetalldepots im Kiefer (Panoramaaufnahme) aus
toxikologischen Gründen extrahiert (und ihre Wurzel auf Hg, Sn, Ag und Cu
untersucht) werden.
DMSA
DMSA hat ein
Viertel der Toxizität von DMPS, es scheidet als Kapsel Quecksilber zu 70% über
den Stuhl aus, als i.v. Gabe (in 5% Natriumbikarbonat in 5 ml) zu 82% über den
Urin. DMSA entgiftet das Gehirn etwa 4mal stärker als DMPS. Es führt auch bei
der Dauertherapie fast nie zu Hautallergien.
Dosierung: 3 mg/kg, d.h. 1 Kapsel à 200 mg pro Woche (Kinder alle 14
Tage) können in Stufe I und II, in Stufe III und VI wöchentlich zweimal auf
nüchternen Magen gegeben werden (maximal 10 mg/kg).
Lieferant: Fa.
Fluka, Tel. (0731) 70 01 11, Best.-Nr. 38492, oder Tel: (089) 51 49 40; Kaps.: Storchen-Apotheke,
Tel.: (089) 22 00 69 (rezeptfrei, Kaps. à 200 mg).
Therapiedauer
Die Therapiedauer
richtet sich nach der Höhe der Depots und der Schwere der Vergiftungssymptome.
Die Antidote DMPS und DMSA wirken nur im Blut, das nach der Entgiftung einen
Sog auf die Speicher in den Organen ausübt; sie dürfen daher nur in großen
Intervallen verabreicht werden. Wenn man sich nicht im Einzelfalle nach dem
Wiederkehren der Leitsymptome (z.B. Zittern, Schwindel, Kopfschmerzen o.ä.) für
die erneute Therapie richten möchte, hält man sich an folgendes Schema:
Grad |
Hg nach DMPS i.v. |
DMSA bei Kindern |
Therapiedauer |
|
(g/g K Urin) |
(µg/kg Stuhl) |
|
|
|
|
|
I |
- 50 |
- 5 |
1/2 Jahr |
II |
- 100 |
- 50 |
1 Jahr |
III |
- 500 |
- 100 |
2 Jahre |
VI |
> 500 |
> 100 |
> 5 Jahre |
Zinksubstitution
Unter
Zinksubstitution kommt es einerseits zu einer langsam sich steigernden
Ausscheidung des extrazellulären Quecksilbers, zu einer Reduktion des
Kupferdepots, zu einer massiven Ausscheidung von Cadmium sowie andererseits zu
einer Behebung der konsekutiven Zinkmangelerscheinungen wie Infektanfälligkeit,
Haarausfall, Infertilität u.a. Vor einer längeren (meist 6-12 Monate dauernden)
Zinksubstitution sollte stets eine Zinküberbelastung (Anlieger von Hütten,
Zinkwasserleitung) ausgeschlossen werden und wegen des Antagonismus ebenfalls
Selen bestimmt werden.
Die
sicherste Zinksubstitution geschieht intravenös, oral sollte sie stets auf
nüchternen Magen durchgeführt werden, da Eiweiß aus der Nahrung zu unlöslichen
Komplexen führt. Die höchste Zinkresorption geschieht mit Zinkaspartat (Unizink
®).
Kasuistik
Einem
Wiener Patienten (Ernst Ebm: Gift im Mund) wurden 8 Jahre zuvor wegen
schwerster Lumbalgien 21 Amalgamzähne extrahiert, daraufhin wurde er von Perger
mit hochdosiertem Zink substituiert. Die Hg-Ausscheidung im Urin stieg darunter
von 0 auf 5.500 µg/l im Urin an, um nach 9 Monaten langsam wieder auf 0
abzusinken. Die Beschwerden besserten sich deutlich. Die eigentliche Wende trat
jedoch erst nach einer DMPS-Injektion im vorigen Jahr auf, die Urinausscheidung
betrug hier 22.530 µg/l im 24-Stunden-Urin.
Amalgam-Grenzwerte gelten
nur für Gesunde!
Zahnärzte
und ihre Patienten fragen ständig danach, bis zu welchem Wert eine Amalgamvergiftung
so ausgeprägt sei, dass die Füllungen ausgetauscht werden müssen. Allerdings
denken die Zahnärzte nur daran, sie in Gold auszutauschen. Da bei einer
Metallvergiftung bis zum Abschluss der Entgiftung jedoch kein neues Metall
eingesetzt werden sollte, ist diese Frage ohnehin müßig. Bei einer chronischen
Vergiftung bestimmt wegen der langen Einwirkungszeit jedoch nicht die Höhe der
momentanen Giftkonzentration die Organschäden, sondern ausschließlich die
Vorschädigung.
Wer
kennt nicht die Frage eines Alkoholikers mit Leberzirrhose: „Wieviel Alkohol
darf ich trinken?“ - dann stirbt er an seinen Ösophagusvarizenblutungen nach
einem Schluck Bier. Dies ist sicher keine tödliche Dosis. Über 20 Jahre lang
hatte er 7 Maß Bier täglich vertragen.
Auch
erleben wir einen jahrzehntelangen Kettenraucher, der eine Woche nach seiner
Bypass-Operation beim heimlichen Rauchen nach einem Zigarettenzug in der
Toilette der Herzklinik tot umfiel. Auch hier handelte es sich nicht um eine
tödliche Dosis.
Bei
gewerblich Vergifteten oder Umweltvergifteten sollen jetzt plötzlich Grenzwerte
das Heer von Vergifteten einengen helfen: Im Gegensatz zu allen Erfahrungen der
Langzeittoxikologie erheben hier Unerfahrene, die das Krankheitsbild der
jeweiligen chronischen Vergiftung nicht kennen,
lediglich Labormessergebnisse und meinen bei negativem Messergebnis eine
Erkrankung sicher ausschließen zu können. Demnach wäre ein Alkoholiker nur
solange Alkoholiker, wie sein Blutalkohol über so und soviel Alkohol läge bzw.
nach Normalisierung seiner Leberwerte dürfe er wieder soviel wie ein Gesunder
trinken.
Bewertung
Die
Diagnose einer Vergiftung lässt sich jedoch nur durch eine Trias bestätigen:
-
Gift: erhöhte
Abriebwerte im Kaugummi-Speicheltest
-
Giftaufnahme:
Nachweis der Speicherung durch eine DMPS-Spritze bzw. durch Nachweis des
organischen Quecksilbers im Stuhl.
-
Giftsymptome:
Quecksilber-, Zinn-, Silber- und Kupfervergiftung.
Hg-Grenzwerte
Speichel:
2,7 µg/l, Stuhl 2 µg/kg, Urin nach 3 mg/kg DMPS i.v. 50 µg/g Kreatinin.
Interaktionen
Obwohl
man zumindest bei der KHE sicher weiß, dass es ein multifaktorielles Geschehen
ist, geht man bei der Diagnostik einer chronischen Vergiftung so vor, als ob
das Gift, nach dem man sucht, das einzig relevante sei. Indes hatten alle
Kranken, die bei uns untersucht wurden, in der Regel mindestens drei völlig
verschiedene Giftbelastungen nachweisbar. Meist war neben Amalgam, Holzgiften,
Formaldehyd, noch Nickel aus Chomargam, Cadmium aus Kunststoffen, Kupfer aus
Wasserleitungen, Blei aus Autoabgasen, Lösungsmittel aus Teppichen und
Pestizide aus Lebensmitteln beteiligt. Amalgam verstärkt die Toxizität von PCP
um den Faktor 5, den von Lindan und Formaldehyd um den Faktor 25.
Spätschäden
Während
erste Vergiftungssymptome bei Gesunden frühestens nach 7jähriger Exposition
auftreten, sind Nerven- und Stoffwechselschäden ab dem 15. Expositionsjahr oft
schon irreversibel.
Als
irreversibler Spätschaden einer chronischen Amalgamvergiftung wird in jedem
Fall eine chronische Formaldehydvergiftung beobachtet, bei der Methylalkohol
als Stoffwechselprodukt auftritt.
Vorschäden
Auf
keinen Fall darf bei folgenden - wenn auch nicht immer amalgambedingten -
Symptomen keine zusätzliche Schädigung auch nicht in der geringsten
Konzentration hinzukommen:
-
Nervenschäden: Antriebslosigkeit, Kopf-
oder Bauchschmerzen, Schlafstörungen, Gedächtnisstörungen, Schwindel,
Depression, Zittern bzw. bei
-
Immunschäden: Infektanfälligkeit oder
Pilzbefall
-
Muskel- und Gelenkbeschwerden
-
Allergien
Bei der
unendlich großen Anzahl von chronisch auf den menschlichen Organismus
einwirkenden Giften kann Amalgam als letztes deletär auf den Organismus wirken.
- Da kein Zahnarzt einem Patienten Schaden zufügen darf und andererseits die
Schwermetallvergiftung eindeutig dem Amalgam zugeschrieben werden kann, wird so
in Zukunft dem Verursacher leicht ein Verschulden nachweisbar sein.
Offensichtlich ist ein Amalgamverbot ohne einige erfolgreiche Musterprozesse
nicht durchzusetzen.
Merksätze
-
Grenzwerte gelten ausschließlich für
Gesunde, nie Kranke, Kinder, Schwangere oder gar Allergiker.
-
Bei einer chronischen Vergiftung ist nicht
die Giftkonzentration, sondern nur das Ausmaß der Vorschäden entscheidend.
-
Das Ausmaß der Vorschäden des Nerven- und
Immunsystems erlaubt in der Regel keine zusätzliche vermeidbare Vergiftung.
-
Bei Zusammenwirken mehrerer Umweltgifte
kommt es zu irreversiblen Spätschäden, insbesondere einer systematischen
Formaldehydallergie.
-
Amalgam führt im Mund über kurz oder lang
stets zu Nerven- oder Immunschäden und sollte in jedem Falle so früh wie
möglich entfernt werden - möglichst noch ehe irreversible Schäden eingetreten
sind.
-
Seit Juli 1989 wissen die Zahnärzte von
seiner Toxizität auf das Nerven- und Immunsystem. Organschäden durch neues
Amalgam können nach einem exakten Giftnachweis zu juristisch gegen das Gift
verwendbaren Gutachten führen.
Zwischenlösung vor
Amalgamsanierung
Quelle: Dr.
Max Daunderer
FORUM des Praktischen und Allgemein-Arztes
2/91