§Amalgamgutachten zum Weitervergiften

Amalgam Kommission

Osnabrück,  2. 7. 06

Amalgam :

Empfehlungen aus umweltmedizinischer Sicht

Mitteilung der Kommission - Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin

 

Vorbemerkung

 

Aus Amalgamfüllungen wird Quecksilber in geringen Mengen freigesetzt. Dentalamalgam ist allerdings neben dem Fischverzehr die Hauptquelle für die Quecksilberaufnahme beim Menschen. Obwohl die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken von den meisten Experten als gering und vom Nutzen-Risiko-Aspekt her eher als vernachlässigbar eingeschätzt werden, gibt es auch abweichende Auffassungen. So nehmen einige Umweltmediziner und Toxikologen an, dass schon bei sehr niedrigen amalgambedingten Quecksilber-Expositionen diverse Gesundheitsgefährdungen vorkommen können. Daher ist Amalgam in der Umweltmedizin nach wie vor ein umstrittenes Thema und die Beratung von Patienten mitunter schwierig. Die nachfolgenden Empfehlungen sind als Beurteilungs- und Beratungshilfen für Umweltmediziner gedacht, wie auch für andere Ärzte, die Patienten mit amalgambezogenen Problemen betreuen.

 

1     Allgemein

 

1.1     Möglichkeiten zur Kariesprophylaxe und damit zur generellen Vermeidung von

Zahnfüllungen

 

Ø      effektive und regelmäßige Zahnpflege,

Ø      ausgewogene Ernährung, Verminderung des Konsums von Zucker/Süßigkeiten, seltenere Verwendung von Auszugsmehlen und Fertigprodukten mit zugesetzten Säuren (z. B. Zitronensäure),

Ø      Kariesprophylaxe mit Hilfe von Fluoriden,

Ø      regelmäßige Kontrollen durch den Zahnarzt, bei Bedarf sind zusätzliche individuelle Fluoridierungsmaßnahmen empfehlenswert,

Ø      auf die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK, 2000) und der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ, 2003) wird hingewiesen.

 

1.2     Amalgamfüllungen sollen aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes nicht mehr gelegt werden.

 

            bei Sanierungsmaßnahmen am Milchgebiss.

Ø      Hier ist zeitlich begrenzte Haltbarkeit ausreichend, deshalb ist auch die Verwendung von Kompositen, Glas-Ionomeren und Kompomeren möglich; die Mehrzahl kariöser Milchzähne bleibt bis zum Ausfallen symptomlos, mögliche nachteilige Wirkungen kariöser Milchzähne auf die Entwicklung der bleibenden Zähne sind jedoch zu berücksichtigen.

Ø            bei Frauen während einer Schwangerschaft und während der Stillzeit.

Amalgamfüllungen wie auch Fischverzehr führen nachweislich zu einer transplazentaren Quecksilberexposition des Feten (und vermutlich auch des Embryos). Obwohl es keine wissenschaftlichen Belege für eine pränatale Schädigung durch Quecksilber aus Amalgamfüllungen gibt, sollte die Hg-Exposition, angesichts der für höhere Hg-Belastungen belegten Quecksilbertoxizität, so niedrig wie möglich gehalten werden. Beim Legen u. Entfernen von Amalgamfüllungen entstehen Expositionsspitzen, die besonders während einer Schwangerschaft und in der Stillzeit zum Schutz des Kindes vermieden werden sollen u. können. Für eine Ausdehnung dieser Empfehlung auf Frauen im gebärfähigen Alter reicht nach Ansicht der Kommission die Datenlage nicht aus; die Nutzen-Risiko-Relation ist hier anders einzuschätzen als bei schwangeren Frauen.

bei Vorhandensein anderer metallischer Restaurationen.

Bei Kaukontakt mit Kompositen und Varianten besteht dieses Problem nicht.

Ø      bei der Diagnose oraler lichenoider Reaktionen.

Ø      bei festgestellter Allergie (Typ IV) gegenüber Amalgam. Bei Patienten mit Niereninsuffizienz im  4. Stadium ( Definition nach K-DOQUI, gekennzeichnet durch eine Creatininkonzentration im  Serum von > 2 mg/dl und einer glomerulären Filtrationstate < 30 ml/min; Häufigkeit in Deutschland ca.  1 / 2  Million Patienten).

 

 

Die Entscheidung, ob Amalgam, ein anderes plastisches Füllungsmaterial oder eine andere Restaurationstechnik zur Anwendung kommt, ist stets im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Situation des Patienten zu treffen.

 

1.3      Bestehende Amalgamfüllungen

Ø      müssen entfernt werden bei festgestellter Allergie (Typ IV) gegenüber Amalgam.

Ø      sollen entfernt werden bei der Diagnose oraler lichenoider Reaktionen.

Ø      sollen während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht entfernt werden, sofern keine dringende zahnärztliche Indikation dazu besteht

 

1.4      Maßnahmen zur Verringerung einer Quecksilberexposition beim Entfernen            von Amalgamfüllungen

Ø      Verwendung von Nebelabsaugern, Speichelsaugern u. eine ausreichende Wasserspraykühlung (mind. 50 ml/min).

Ø      Verwendung geeigneter Instrumente, um mit geringem Anpressdruck möglichst große Füllungsfragmente zu entfernen.

Ø      Legen und Entfernung von Amalgamfüllungen in gut belüfteten Praxisräumen.

Ø      Die Hg-Exposition kann noch durch weitergehende Schutzmaßnahmen (z.B. Clean-up, Atemmaske) verringert werden.

Ø      Regelmäßige Untersuchung von Amalgam-Mischgeräten auf eventuelle Quecksilber-Verunreini-gungen. Erforderlichenfalls hat eine sachgerechte Reinigung zu erfolgen.

Ø      Beachtung der Entsorgungsvorschriften für Amalgam-Abfälle.

 

2      Abklärung einer eventuell erhöhten Quecksilber-Exposition aus          Amalgamfüllungen

 

2.1      Anamnese

Im Rahmen der umweltmedizinischen Anamneseerhebung sind einige Fragen zu Amalgamfüllungen angezeigt: wann gelegt? wie viele? wann entfernt? Zusätzlich sollte gefragt werden, ob die Füllungen nach dem Legen poliert wurden. Weiterhin ist nach der Verwendung von Amalgam bei Wurzelspitzenresektion mit retrogradem Verschluss zu fragen. Das Kauverhalten (Kaugummikauen, Bruxismus)  sowie die Häufigkeit des Zähneputzens sind zu berücksichtigen.

 

2.2      Beurteilung des Zustandes der Amalgamfüllungen

Die Beurteilung sollte durch einen Zahnarzt vorgenommen werden. Hinweise auf erhöhte Quecksilberfreisetzung geben folgende Befunde: Viele Füllungen, große Oberflächen, korrodierter Zustand, andere Legierungsarten.

 

2.3      Quecksilberbestimmung in humanem Probenmaterial

 

2.3.1 Quecksilberbestimmung im Urin

Zur Abschätzung einer internen Belastung mit anorganischem Quecksilber ist die Hg-Bestimmung im Urin eine praktikable und geeignete Methode. Optimal, aber unter klinischen Bedingungen nicht realisierbar, wäre die Bestimmung von Organkonzentrationen (z.B. Hirn, Niere)

Ø      Hierzu ist 24-h Urin oder Morgenurin zu verwenden. Proben, deren Creatiningehalt außerhalb von 0,3 bis 3 g/l liegt, können nicht bewertet werden.

Ø      Die Quecksilberkonzentration im Urin korreliert mit der Zahl sowie der Qualität der vorhandenen Amalgamfüllungen, jedoch weit weniger genau mit dem Quecksilbergehalt des Körpers.

Ø      Die Quecksilberbestimmung im Urin nach Mobilisation mit Komplexbildnern, z. B. DMPS, ist für patientenbezogene umweltmedizinische Diagnostik nicht geeignet.

 

2.3.2    Quecksilberbestimmung im Blut

Die Quecksilberbestimmung im Blut ist wenig geeignet, da hierbei Gesamtquecksilber (anorganisches Quecksilber z. B. aus Amalgamfüllungen und organisches Quecksilber, z. B. aus Fischkonsum)    erfasst wird und weil anorganisches Quecksilber im Blut nur eine kurze Halbwertszeit hat.

 

2.3.3 Quecksilberbestimmung im Speichel

Der Kaugummitest mit nachfolgender Quecksilberbestimmung im Speichel ist zur Überprüfung einer Belastung aus Amalgamfüllungen nicht geeignet:

Dabei werden auch nicht resorbierbares Quecksilber, z. B. Legierungspartikel, erfasst.

2.3.4    Quecksilberbestimmung in den Haaren

Die Quecksilberbestimmung in den Haaren ist nicht geeignet: anorganisches Quecksilber, z. B. aus Amalgamfüllungen, wird nur geringfügig in die Haarmatrix eingebaut; organisches Quecksilber, z. B. aus Fischkonsum, wird dagegen in erheblicherem Umfang im Haar gespeichert.

 

2.4      Bewertung der Ergebnisse von Quecksilberbestimmungen

Ø      Die Bewertung der Quecksilbergehalte im Urin erfolgt an Hand der HBM-Werte (Kommission Human-Biomonitoring des Umweltbundesamtes, 1999). Ergebnisse oberhalb des HBM-I-Wertes (7 µg/l bzw. 5 µg/g Creatinin) müssen durch eine Wiederholungsmessung bestätigt werden. Auch schon bei Werten deutlich oberhalb der Referenzwerte, also etwa oberhalb von 2-3 µg/l  ist Aufmerksamkeit geboten. Um auszuschließen, dass andere Quellen eine Rolle spielen, sind zusätzliche Quecksilberexpositionen zu erfragen. Neben einer beruflichen Belastung spielen die Häufigkeit des Fischkonsums sowie die Art der verzehrten Fische eine Rolle. Expositionen durch nicht fachgerecht entsorgte zerbrochene Quecksilberthermometer können ebenfalls von Bedeutung sein. Quecksilber- bzw. Thiomersal-haltige Impfstoffe werden in Deutschland bei den von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen nur noch in Diphtherie-Adsorbat-Impfstoff Behring und Td-Impfstoff Mérieux MSD eingesetzt. Quecksilber- bzw. Merbromin-haltige Desinfektionsmittel sind bei uns nur noch in Augentropfen im Handel. Außerdem sollte an die Anwendung quecksilberhaltiger Schönheitssalben gedacht werden.

Ø      Bei wiederholter Überschreitung des HBM-I-Wertes für Hg im Urin (und falls dies - nach   Beachtung und Ausschluss anderer möglicher Quellen - mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf Amalgam zurückgeführt werden kann sollten die Amalgamfüllungen ersetzt werden.   Gegebenenfalls ist die zusätzliche Ermittlung des Selenstatus zu empfehlen, da Selenmangel die Toxizität von Quecksilber steigern kann (die Selenkonzentration im Serum sollte über    50 µg/l liegen).

 

3        Abklärung und Bewertung einer Überempfindlichkeit

Ø      Von einer Überempfindlichkeit gegenüber Amalgam bzw. Quecksilber kann ausgegangen werden, wenn orale lichenoide Reaktionen diagnostiziert werden  und / oder  ein positiver Epicutantest-Befund nach den Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft vorliegt und mithin eine Typ IV-Allergie (Kontaktallergie) gegenüber Amalgam besteht.

Ø      Dem MELISA®-Test (modifizierter LTT) kommt ei der Feststellung einer Typ-IV-Allergie nur eine begrenzte diagnostische Bedeutung zu. Er ist ungenau und gehört nicht zu den Standarduntersuchungen.

Ø      Oft wird durch Testergebnisse keine Sicherheit erlangt. Deswegen liefern Testergebnisse nicht die alleinige diagnostische Entscheidungshilfe.

Ø      Bei Vorliegen gesicherter Hinweise auf eine Überempfindlichkeit (Typ IV Allergie) muss Amalgam entfernt werden.

4      Vorgehen bei Patienten mit Selbstvermuteter Amalgamkrankheit

Ø      Bei Vorstellung von Patienten mit selbst vermuteter Amalgamkrankheit sind zunächst eingehende differentialdiagnostische Überlegungen u. Untersuchungen anzustellen. Vom Patienten berichtete unspezifische Symptome, z. B. Konzentrationsschwäche, Abgeschlagenheit, Kopfschmerz usw. können nicht zuverlässig ursächlich auf Amalgamfüllungen zurückgeführt werden.

Ø      Mit dem Patienten ist detailliert zu besprechen, dass es hinsichtlich der Vermutungen über     Zusammenhänge zwischen Amalgam und bestimmten Krankheiten (wie z. B. Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson, amyotrophe Lateralsklerose, Autismus, Multiple Sklerose) oder Hormonstörungen unterschiedliche Meinungen gibt u. dass keine klaren wissenschaftlichen Bestätigungen solcher angenommener Kausalzusammenhänge bestehen. Therapeutische Maßnahmen, wie Quecksilber- "Ausleitungen" mit Chelatbildnern o. die Entfernung amalgamhaltiger Zahnfüllungen, sind in solchen Fällen in der Regel nicht hinreichend begründet.

 

Nicht irreführende Falschmitteilungen, sondern nur das

Sofortige Amalgamverbot

beenden die Vergiftung unseres Volkes!

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