Allergien Frühtyp und Spättyp Diagnostik und Expositionsstopp

 

Typ I – Allergie vom Frühtyp

Die klassische Reaktion vom anaphylaktischen Typ umfasst die Symptome des Heuschnupfens, des allergischen Asthmas, der Urtikaria (Nesselsucht), der Nahrungsmittelallergie, Insektengiftallergie, Tierepithelienallergie, sowie des anaphylaktischen Schocks. Die Antigene sind in der Regel hochmolekular und wasserlöslich. Sie sitzen auf der Oberfläche von natürlichen Materialien, z.B. auf Pollen und Sporen. Da zwischen der Exposition und dem Auftreten der ersten sicht- bzw. fühlbaren Reaktionen nur geringe Zeit – 10 bis 15 Minuten – verstreicht, spricht man im allgemeinen von der Allergie vom Soforttyp. Bevorzugte Manifestationen sind die Schleimhäute der Augen, der Nase, des Rachens, der Bronchien und Bronchiolen sowie der Haut (Urtikaria). Bei einer Nahrungsmittelallergie kommt es zu Reaktionen an den Schleimhäuten des Magen-Darm-Traktes und/oder urtikariellen Reaktionen der Haut. Wird das Antigen in hochkonzentrierter Form direkt in den Organismus injiziert, wie dies bei einem Wespen- bzw. Bienenstich der Fall ist, kann es zum anaphylaktischen Schock durch Herz- und Kreislaufversagen kommen. Immunologischer Hintergrund dieser Reaktionen sind die im Organismus gebildeten Antikörper vom IgE-Typ, die bei Kopplung mit dem Antigen durch Überbrückung zweier IgE-Moleküle auf Mastzell- oder Basophilenoberfläche die Freisetzung vasoaktiver Mediatoren bewirken, deren bekanntestes das Histamin ist. Beispiele für pollenproduzierende Pflanzen mit hoher Sensibilisierungspotenz sind im Frühjahr die Erle, Birke, Haselnuß und der Gagelstrauch, im Sommer Gräser und Getreide, im Spätsommer Beifuß, Nessel, Wegerich und Gänsefuß, gelegentlich auch Goldrute. Unter den Schimmelpilzen sind es die Sporen von Alternaria und Cladosporium.

Diese Allergien führen zu den Anzeichen eines grippalen Infekts mit Abgeschlagenheit, Gliederschmerzen, Spannungsgefühl auf der Brust und Fieber. Hervorgerufen werden sie durch Immunkomplexe, die sich bevorzugt an bestimmten Geweben, wie z.B. der Lunge, Niere oder Gelenke absetzen und unter Aktivierung des Komplementsystems Stoffe freisetzen, die die Unverträglichkeitsreaktionen bewirken.

 

 

 

Typ IV – Allergie vom zellvermittelten oder Spättyp (Umweltgifte)

 

Die Allergie vom Spättyp oder Ekzemtyp (allergische Kontaktdermatitis, allergisches Kontaktekzem) steht nicht nur im zeitlichen Ablauf im Gegensatz zur Sofortreaktion, sondern auch in ihrem Pathomechanismus. Als Antwort auf den antigenen Reiz werden nicht Antikörper, sondern spezifisch sensibilisierte T-Lymphozyten gebildet. Die Kontaktallergene sind in der Regel niedermolekulare Verbindungen, auch Haptene genannt, die erst mit körpereigenem Protein reagieren müssen, bevor sie mit den T-Lymphozyten in eine Korrelation treten können. Bevorzugtes Manifestationsorgan ist die Haut. Da Einwirkungsort und Reaktionsort der allergischen Erscheinung miteinander stets korrespondieren, hat sich der Begriff Kontaktallergie durchgesetzt. Entstehung und Ablauf einer allergischen Reaktion vom Spättyp stellt man sich heute folgendermaßen vor: Von der großen Zahl an Fremdstoffen, die in den Körper einzudringen versuchen, wird ein hoher Teil (bis zu 90%) durch die intakte Hornschicht zurückgehalten. Ist die Haut jedoch geschädigt, können diese leichter eindringen, wodurch einer Sensibilisierung Vorschub geleistet wird. Haben die Stoffe die Barriere der Hornschicht überwunden, so werden sie von immunkompetenten Zellen, die in der Epidermis (Langerhans-Zellen) und in der Dermis (Makrophagen) eine Art Falle bilden, abgefangen und in den in der gleichen Zellschicht liegenden T-Lymphozyten als „fremd“ präsentiert. Bei starken Kontaktallergenen ist eine kovalente Bindung an die Oberflächenproteine als wahrscheinlich anzunehmen. Die sich anschließende Induktionsphase ist gekennzeichnet durch Proliferation der T-Lymphozyten zu Immunoblasten, Zellteilung, Neubildung und Klonung, an deren Ende die spezifisch sensibilisierten T-Lymphozyten stehen, die unterschiedliche Aufgaben wahrzunehmen haben. Während die T-Effektorzellen wieder in die Haut zurückgelangen und am Applikationsort mit Resten des verbliebenen Allergens reagieren und durch den erneuten Antigenkontakt Lymphokine freisetzen, die schließlich zur Entzündungsreaktion führen, verbleiben die T-Gedächtniszellen im Organismus und speichern die Erinnerung an das spezifische Allergen. Ist die Sensibilisierung eingetreten, erfolgt die Bildung von Effektor- und Gedächtniszellen bei erneutem Kontakt mit dem Allergen in potenzierter Form, so dass es jedes Mal zu einer Verstärkung der allergischen Reaktion kommt. Bindung des Allergens, Präsentation, Heranlocken anderer Zellen an den Ort des Geschehens und Freisetzung der Lymphokine bedingen eine starke Verzögerung des zeitlichen Ablaufs, so dass in der Regel mindestens 8 bis 12 Stunden vergehen, bevor es zu einer klinisch sichtbaren Reaktion an der Haut kommt (Allergie vom Spättyp). Geht der Weg des Kontaktallergens nicht über die Haut, d.h. findet keine Antigenpräsentation durch Langerhans-Zellen oder Makrophagen statt, so kommt es zu einer spezifischen Suppression (Immuntoleranz). Dies erklärt möglicherweise, warum Allergene, die beim Sensibilisierten bei Kontakt mit der Haut eine allergische Reaktion hervorrufen, zum Beispiel nach oraler Aufnahme (sofern sie essbar sind) durchaus toleriert werden.

 

 

Allergie-Diagnostik

 

Die Allergiediagnostik gliedert sich in vier Schritte: Anamnese, Hauttest, in-vitro-Untersuchung und Provokationstest.

Eine detaillierte ausführliche Anamnese wäre eine wichtige Voraussetzung und Grundlage jeder Allergiediagnostik. Bei Umweltgiften geht dies nicht, weil der Kranke seine Allergieauslöser meist nicht kennt.

Daher muss der Arzt ein geeignetes Screening einsetzen.

 

Typ I

 

Eine hochgradige aktuelle Sensibilisierung ist schon dadurch nachzuweisen, dass man das verdächtige allergene Material nach Anfeuchten 10 bis 20mal auf der Innenseite des Unterarms hin- und herreibt (Reibetest). Bildet sich nach wenigen Minuten eine Quaddel mit Erythem und Juckreiz aus und bleiben Kontrollen an Nichtsensibilisierten negativ, so ist der Beweis eindeutig. Bei den anderen Testverfahren wird die Allergenlösung mittels Pricken, Scratchen oder Injektion (Prick-, Scratch-, Intracutantest) an die Mastzelle bzw. Basophilen gebracht. Je nach Sensibilisierungsgrad und Testkonzentration bildet sich nach 15 – 20 Minuten eine Quaddel mit Erythem, deren Größe (Durchmesser) als Maß für die Stärke der Reaktion dient. Bei den in-vitro-Methoden wird die Allergie durch Koppelung des Antigens (Ag) an Papierscheiben und Zusammenbringen mit dem Antikörper (Ak) aus dem Serum im RAST (Radio-Allergo-Sorbens-Test) oder durch die bei der Ag-Ak-Reaktion erfolgte Histaminfreisetzung bestimmt.

Eine Provokationstestung ist in diesen Fällen stets zu riskant.

 

Typ IV

 

Die klassische Methode des Nachweises einer Allergie vom zellvermittelten Typ ist der Epikutantest. Das Kontaktallergen wird in einer subirritativen Konzentration unter einem Okklusivpflaster für 7 Tage auf die Haut gebracht. Applikationsort ist gewöhnlich der Oberarm. Die Ablesung erfolgt 1 Stunde nach der Entfernung des Pflasters sowie nach 12 und nach 24 Stunden. Die Stärke der Erfolgsreaktion wird nach folgendem Schema beurteilt:

 

Φ          Negativ

(+)        Fleckförmige Rötung

+          Gleichmäßige Rötung

++        Rötung, Schwellung, Papeln, auf das Testfeld beschränkt

+++      Rötung, Schwellung, Infiltration, über das Testfeld hinausgehend

 

In der Regel ist bereits nach 1 Stunde eine positive Testreaktion zu beobachten. In vereinzelten Fällen können die Reaktionen aber auch erst nach 12 Stunden oder noch später auftreten. Aus diesem Grund hat es sich eingebürgert, grundsätzlich eine Ablesung nach 24 Stunden vorzunehmen, um sehr spät auftretende Reaktionen nicht zu übersehen.

Nur dann erkennt er die handelsüblichen Zahnflickstoffe, Wohngifte und Prothesenallergene.

 

Die ausschließliche Therapie besteht in striktem Expositionsstopp!

 

Beeinträchtigungen für den Organismus, die über lange Zeit oder für immer bestehen bleiben, sind in Abhängigheit vom Allergietyp und individuellem Sensibilisierungsgrad unterschiedlich ausgeprägt. Das dem Frühreaktionstyp zuzuordnende allergische Asthma kann sich nach Jahren der Exposition verselbständigen. Es tritt dann auch auf, wenn keine Exposition durch das verursachende Antigen mehr besteht.

Karenz, d.h. das strike Meiden des allergie-induzierenden und auslösenden Stoffes ist die einzige kausale Therapie, um dem wiederholten Auftreten von allergischen Reaktionen auf die Dauer wirksam zu begegnen. Diese ist jedoch nur bei solchen Stoffen und Materialien möglich, deren Einwirkung auf den Organismus man sich entziehen kann. Den Erregern des Heuschnupfens, d.h. den Pollen und Sporen kann man sich nur bedingt, z.B. durch einen Aufenthalt an der See oder im Hochgebirge entziehen, da dort die Belastung geringer ist. Nur bei den allergischen Reaktionen vom Frühtyp bietet sich neben der symptomatischen Behandlung mit Antihistaminika und Kortikosteroiden und der Wohnraumsanierung die Hyposensibilisierung (früher: Desensibilisierung) an, bei der durch langsam gesteigerte Zufuhr des oder der spezifischen Allergene in geeigneter Form nach Ablauf einer gewissen Zeit eine Gewöhnung erreicht wird.

 

Für die allergischen Reaktionen vom Spättyp (Kontaktallergie) gilt grundsätzlich, dass man die Exposition meiden muss, wenn man die Auslöser erkannt hat. Dies ist bei ubiquitär verbreiteten Allergenen sehr schwierig und bei solchen, die in versteckter Form vorkommen, oft nicht möglich. Vielfach hilft das Tragen von Schutzkleidung wie Masken, Handschuhe, Stiefel etc., die verhindern dass das Allergen auf die Haut gelangt.Gegen das Einatmen, die gefährlichste Vergiftungsform hilft nichts als Meiden! Bei der symptomatischen Behandlung kommen die örtliche, orale und zuweilen injektive Applikation von Kortikosteroiden in der Regel nicht zur Anwendung.

 

Verdacht oder Kenntnis einer berufsbedingten Allergie ist durch Anzeige einer Berufskrankheit den zuständigen Berufsgenossenschaften zu melden, wofür es entsprechende Formblätter gibt. Erworbene Allergien vom Frühtyp und Spättyp sind in bestimmten Berufen häufig. Sie führen nicht selten zu einem Arbeitsplatzwechsel, Umschulung oder völligen Aufgabe der beruflichen Tätigkeit.

 

Eine „Hyposensibilisierung“, wie sie bei den IgE-vermittelten Reaktionen durchgeführt wird, ist bei der Kontaktallergie nicht möglich. Die meisten Todesfälle gab es früher bei der Penicillinallergie – weswegen man die Penicillinspritze völlig abschaffte.

 

Kreuzreaktionen

Sowohl bei den allergischen Reaktionen vom Früh- als auch vom Spättyp beobachtet man das Phänomen der Kreuzreaktivität. So reagieren z.B.Nickel-Allergiker rasch auf Amalgam, Gold, Titan,Zirkonium oder auch auf das Aluminium in der Keramik allergisch.

 

Quellen: Hausen(Mitautor der „Giftliste von Roth+Daunderer), Brinkmann, Dohn; „Lexikon der Kontaktallergene